Mit diesen Anekdoten und Insidertipps kannst du beim nächsten Besuch deiner Eltern den obligatorischen Stadtrundgang aufpeppen.
Starten wir doch einmal ganz klassisch beim Gänseliesel. Jetzt nicht murren von wegen, das kennen sie schon und du erst recht. Oder hast du schon mal vom Kussverbot gehört? Anders als heute war es nämlich nach dem ersten Weltkrieg üblich, direkt nach der Immatrikulation den Brunnen vorm Rathaus zu besteigen und das Gänseliesel zu küssen. So kam es nachts zu regelrechten Anstürmen auf das Mädchen aus Bronze und rundherum wurde laut gefeiert. Die Polizei verhängte deshalb 1926 kurzerhand ein Kussverbot. Die Studenten dachten jedoch nicht daran, sich von solcherlei Gesetzen von ihrem Brauch abhalten zu lassen. So kam es wenig später zum sogenannten „Kußprozeß“: Der Jurastudent Georg Graf Henckel von Donnersmarck war dabei erwischt worden, wie er dem Gänseliesel einen Schmatzer gab. Er wurde bestraft, was ihn aber nicht davon abhielt erst vor dem Göttinger, dann vor einem Berliner Gericht „Kussfreiheit“ zu fordern und „doch den Bann von den bronzenen Lippen zu lösen“. Das half alles nichts, zumindest nicht offiziell. Das Verbot blieb bestehen, aber die Polizei drückte meistens ein Auge zu, solange es halbwegs ruhig blieb. Erst 2001, zum 100. Geburtstag des Gänseliesels, wurde das Kussverbot offiziell aufgehoben. Trotz des langen Kussverbots spricht man davon, dass das Gänseliesel das meistgeküsste Mädchen der Welt ist.
Und wer noch mehr wissen will: Fast wäre anstelle des Gänseliesels eine andere Figur auf den Brunnen gekommen. Bei einem Wettbewerb um den Neubau des Marktbrunnes, belegte der Gänseliesel-Entwurf nämlich nur den zweiten Platz. Aber die Göttinger Bürger hatten einen Narren an dem Liesel gefressen und pochten darauf, dass es statt des ersten Platzes den Brunnen zieren sollte. Ihre Begeisterung für das Bronzemädchen könnte darin begründet sein, dass sie sich gut mit ihm identifizieren konnten. Zu der damaligen Zeit hielten viele Göttinger noch Tiere. Morgens brachten meistens junge Mädchen die Gänse ins Grüne außerhalb der Stadt und abends wieder zurück. Irgendwann bürgerte sich der Spitzname „Liesel“ des damals sehr beliebten Vornamens Elisabeth, als Berufsbezeichnung für die Gänsemädchen ein. Auf dem Marktplatz wollte die Bevölkerung jemanden aus ihren eigenen Reihen.
Gelesen habe ich über das Gänseliesel in dem Buch: „Die Geschichte des Göttinger Gänseliesel“, von Günther Meinhardt und in „Kleines Göttingen ABC“ von Gudrun Keindorf.
Interessante Geschichte. Obwohl ein Freund von mir da studiert hatte, hatte er mir nichts davon erzählt. Wenn etwas verboten wird, dann provoziert man die Leute, erst recht es zu machen. Das hätte denen aber klar sein sollen.