Glaubt man der Legende (und Wikipedia), kamen die Heiligen Drei Könige auf ihrem Rückweg von Bethlehem durch das Elsass und wurden dort herzlich empfangen. So herzlich, dass sie ihren Gastgebern aus Dank einen Kuchen backten. Seine Form ähnelte der ihres Turbans und sie nannten ihn Kougelhopf, zu Deutsch: Gugelhupf. Die Elsässer aßen ihn, sie liebten ihn, et voilà: Sie hatten ein neues Nationalgericht. Und besser hätten sie es nicht treffen können. Dabei sind Rosinen nicht jedermanns Sache. Aber der Gugelhupf ist mehr als nur das bisschen Rosine im Hefeteig, er ist ein Charakter. Seine runden Backen, sein weicher Teig, die dicke Puderzuckerschicht und dann erst der Name! Nichts könnte das Elsass und seine Hauptstadt besser repräsentieren als dieser Kuchen.
Als ich das erste Mal in Straßburg war, war es Januar. Also grau und kalt. Trotzdem kam es einem vor, als wäre man in einen Disneyfilm gespuckt worden. Knautschige Fachwerkhäuser, die sich zwischen andere Fachwerkhäuser schieben, mit Blumen geschmückte Brückenbögen und überall Flammkuchen und Pâtisserien. Damals war ich nur zu Besuch und dachte, wie schön es sein muss hier zu leben. Mit Vögeln, die einem beim Anziehen helfen. Das ist jetzt fast drei Jahre her. Heute wohne ich tatsächlich hier, mitten in Straßburg, mit zwei Mitbewohnern und einer fetten Katze. Wirklich, wirklich fett. Man könnte denken, sie hätte zu viel Gugelhupf gefressen. Aber wahrscheinlicher ist, dass sie Gugelhupf-Teig gefressen hat, der erst in ihrem Magen anfing aufzugehen. Möglich, dass sie jeden Moment explodiert und die Menschheit in Hefeteig untergeht.
Grund für die WG mit der fetten Katze ist ein Praktikumsplatz in Straßburg. Ein Auslandspraktikum ist eine gute Sache, wenn man nochmal weg, aber nicht unbedingt Erasmus machen möchte. Je nach Studienordnung kann man sich das Praktikum auch anrechnen lassen. Nur wird man in den Studentenwohnheimen nicht bevorzugt wie im Erasmus-Semester. Und die Wohnungssuche in Straßburg macht, wie in Deutschland, keinen Spaß. 100.000 Anfragen auf ein Zimmer und am Ende nur ein feuchter Händedruck. Am besten ist es, sich erst ein Hostel zu buchen und dann direkt vor Ort zu suchen. Die Einsicht kam mir leider erst tausend Anfragen, zwei Beinahezusagen und einen Nervenzusammenbruch später. Vor Ort hat es dann aber keine zwei Tage gedauert, bis ich eine Wohnung hatte. Und ab jetzt liegen die dunklen Zeiten hinter und eine fette Katze auf mir.
Die größte Herausforderung, nach der Wohnungssuche, ist die Sprache. In meiner Erinnerung habe ich deutlich besser französisch gesprochen als in der Realität. Außerdem braucht man auf der Arbeit mehr als: „Bonjour, une baguette s’il vous plaît.“ Aber man stottert und wurschtelt sich so durch den Tag und irgendwie geht es. Ein Lernanreiz findet sich auch relativ schnell. Die Angst morgens mit seinem Abteilungsleiter im Fahrstuhl zu stehen und Smalltalk machen zu müssen, motiviert extrem zum Vokabeln lernen. Daher ist ein Auslandspraktikum sehr effektiv, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern. So schön Erasmus auch ist, der „Deutsch-Blase“ entkommt man manchmal nur schwer. In den ersten Tagen habe ich meine Mitbewohner in Straßburg kaum verstanden, trotz zwei Semestern Frankreich. Aber ich glaube auch, sie nuscheln.
Wenn ihr Lust auf Ausland habt, ist ein Praktikum auf jeden Fall zu empfehlen. Finanzielle Unterstützung bieten z.B. der DAAD oder Erasmus+. Nutzt die Gelegenheit, solange ihr den Studentenstatus habt, für viele Praktikumsplätze ist das nämlich Voraussetzung. Angst vor der Fremdsprache sollte auch kein Hindernis sein, denn wie gesagt: Die Wurscht.
Noch mehr zu empfehlen als ein Praktikum ist Straßburg. Egal ob Arbeit, Erasmus oder zu Besuch. Viele Bars, junge Leute, eine wunderschöne Altstadt und Käse warten auf euch. Ich bin froh hier zu sein und noch ein bisschen bleiben zu können, bevor es wieder nach Göttingen geht. Außer die Katze legt sich vor die Tür, dann komme ich hier vielleicht nie mehr raus.
Auch okay.