Es ist früh, es ist dunkel, es ist kalt – ich gehöre nicht zu den Frühaufstehenden und möchte auch kein Mitglied des sagenumwobenen „Man fühlt sich so viel besser, wenn man morgens schon alles wichtige erledigt hat“-Clubs werden. An diesem Mittwochmorgen habe ich aber eine Mission, für die es sich tatsächlich lohnt: Ich lasse einen Corona-Test machen. Nee, ich habe keine Symptome und auch keinen Kontakt mit einer Person, die welche hat. Das Tolle am CCS, dem COVID Campus Screening ist nämlich, dass man sich immer und vor allem kostenlos dort testen lassen kann und das man das Ergebnis im Normalfall noch am selben Tag bekommt.
Für meinen Test habe ich mich drei Tage vorher hier registriert. Einfacher könnte die Registrierung eigentlich nicht sein: Die Anmeldedaten sind die gleichen wie die für eCampus, also vorname.nachname (das was bei eurer Uni-E-Mail-Adresse vor dem @ steht) plus das dazugehörige Passwort. Nachdem ich meine Kontaktdaten angegeben habe, kann ich auswählen, wo ich den Test machen möchte. Zur Auswahl stehen der Nordcampus und die Mensa Italia, die nächsten freien Slots werden mir dort sofort angezeigt. Je nach Auslastung bekommt man mit ein wenig Glück sogar noch einen Termin am selben Tag. Mit Eifer und Leichtsinn entscheide ich mich für Mittwoch um 8 Uhr, damit „ich einen Grund habe, früh aufzustehen, denn danach bin ich bestimmt super produktiv“. Das werden wir ja sehen.
Im Anschluss bekomme ich nun noch eine E-Mail mit QR-Code, den ich vor Ort scannen lassen muss. Jetzt heißt es für mich –wie quasi jeden anderen Tag der letzten 11 Monate auch – so wenig Leute wie nur möglich zu sehen, um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, mich kurz davor zu infizieren und ein falsches Negativ-Ergebnis zu bekommen. Aber wenn ich eins gelernt habe, dann, wie ich mich am besten isoliere.
Die Straße ist morgens noch wie leer gefegt, ganz langsam geht die Sonne auf. Die bitterkalte Luft schlägt mir zwar sofort ins Gesicht, nach fünf Minuten zügigem Gehen habe ich aber das Gefühl, mein Körper wacht langsam auf. Gar nicht so schlecht eigentlich. 20 Minuten später stehe ich schon in der Schlange vor der Mensa Italia, die nun ein dystopisch wirkendes Testzentrum ist. Noch ein Grund für meinen frühen Termin: Menschenansammlungen vermeiden. Durch das schleusenartige System kann hier aber so oder so gewährleistet werden, dass man mit möglichst wenig Menschen in Kontakt kommt, ganz unabhängig von der Anzahl der Wartenden. Ich hätte also doch länger schlafen können…
Durch die sinnvolle Umsetzung des Zentrums geht es auch besonders schnell: Trotz 10 wartender Personen vor mir bin ich innerhalb von wenigen Minuten am „Empfangstisch“, wo mich eine Mitarbeiterin freundlich begrüßt und mir den in Plastik eingeschweißten Test aushändigt. Auf ihre Frage, ob ich denn mit dem Prozess schon vertraut sei, schüttele ich nervös den Kopf. Mit meiner Winterjacke, Mütze und Maske ist es hier drin ganz schön warm geworden. „Ist eigentlich ganz einfach. Du nimmst das Stäbchen und legst es dir mindestens 30 Sekunden unter die Zunge. Die Helfer*innen vorne sagen dir dann Bescheid, wenn du es ihnen geben kannst. Wenn du’s rausziehst achte darauf, dass du nicht Zunge und Lippen damit berührst.“ Okay, ich lege also das lange Wattestäbchen unter meine Zunge und folge den Anweisungen einer anderen netten Mitarbeiterin (wie können die alle so früh am Morgen schon so nett sein?!), die auf eine der beiden –ja wie nennt man das nun – Teststationen zeigt, wo ich mich anstellen soll. In meinem Kopf zähle ich immer noch die Sekunden mit. Mit Stäbchen im Mund lasse ich zuerst meinen QR-Code auf meinem Handy abscannen, bevor die Helfer*innen hinter der Plexiglasscheibe und ich uns stumm zunicken. „30 Sekunden?“ Mit meinen Augen signalisiere ich ein „Ja“ und ziehe vorsichtig das Stäbchen heraus. Sie nehmen es in Empfang und winken mich durch. „Schönen Tag noch!“ Okay, dass es SO schnell geht, hätte ich nun wirklich nicht erwartet. Der ganze Prozess mit anstellen, warten, Stäbchen rein, Stäbchen raus hat gerade einmal 5 min gedauert (Das kann natürlich je nach Kapazität variieren, deswegen keine Garantie).
Ein komisches Gefühl lässt mich nicht ganz los. Die Helfer*innen vor Ort tragen Ganzkörper-anzüge und, logischerweise, sichere Masken und auch wenn man sich an den Anblick gewöhnt haben sollte, finde ich es jedes Mal wieder unheimlich, mich in einer solchen Dystopie-Stimmung wiederzufinden. Der ausgelutschte Satz „Wenn uns das jemand vor einem Jahr gesagt hätte“ kommt mir immer wieder in den Kopf. Trotz dieses andauernden Unbehagens, mit dem ich sicherlich nicht alleine bin, besänftigt mich der Gedanke an die kurzzeitige Sicherheit, die ich durch den Test bekomme. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist (!) und man auf gar keinen Fall von Vorsichtsmaßnahmen befreit ist (!!!), können regelmäßige Tests davor schützen, dass man sich z.B. asymptomatisch positiv durch den Supermarkt bewegt. In unserer 2er-WG herrscht auf jeden Fall kurzes Aufatmen nach jedem negativen Ergebnis, das wenige Stunden nach dem Test per E-Mail hinein flattert. Denn auch wenn man niemanden außerhalb des eigenen Haushalts sieht, ist diese kurze Sicherheit in der eigenen Isolationsbubble ein gutes Gefühl. Deswegen steht bei uns nun jede Woche ein Test auf dem Plan.
Das Projekt CCS ist in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin und dem Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation entstanden. Dabei soll vor allem unbekannte Infektionen vermieden werden, um sich im Falle einer (womöglich asymptomatischen) Erkrankung isolieren zu können. Sollte der Test beim CCS positiv ausfallen, wird er im Labor der Medizinischen Mikrobiologie der UMG nachgetestet. Für den Fall, dass sich die Infektion dann bestätigt, wird man selbst und auch das Gesundheitsamt unverzüglich benachrichtigt.
Es gibt für mich keinen Grund, dieses Angebot nicht wahrzunehmen. Von Montag bis Freitag werden in den beiden Teststationen von 8 – 10:30 Uhr Slots angeboten, also muss man auch gar nicht so früh hin, wie ich es getan habe. Allerdings, und das muss ich nun ganz ehrlich zugeben, tat das frühe Aufstehen so gut, dass ich nun jeden Mittwoch um 8 Uhr einen Test mache, um mich zu einem frühen Spaziergang zur Mensa Italia zu zwingen. Zwei Fliegen mit einer Klappe also. Danach fühlt man sich einfach frischer und ist deutlich produktiver (Mist).
Mehr Infos zum Test und die Registrierung findet ihr hier.