Mit diesen Anekdoten und Insidertipps kannst du beim nächsten Besuch deiner Eltern den obligatorischen Stadtrundgang aufpeppen.
Das Wintersemester steht vor der Tür. Und gerade für „Erstis“ gilt: Irgendwann ist es so weit. Die Eltern kommen zum Besuch nach Göttingen und wollen die Stadt sehen. Gar nicht so einfach: Touri-Highlights wie in anderen Großstädten gibt’s hier nicht. Doch auch viele Studierende kennen längst nicht alle coolen Ecken. Unsere AutorInnen haben ihre ganz persönlichen Lieblingsplätze einmal zusammen gestellt. Vorbei schauen lohnt sich!
Die Barfüßerstraße: Die Barfüßerstraße geht man als StudentIn so oft entlang, dass einem gar nicht auffällt, wie viel neben dem Thanner‘s und dem Willi noch in ihr steckt. Das große Schaufenster neben dem Eingang zum Dots zum Beispiel, gehörte früher einem Metzger, der hier Börners Göttinger Würste verkaufte und einen Durchgang für seine Kutschen bauen ließ. Daher der hohe Bogen. Oder die Schnitzereien am Haus direkt neben dem Bacon Supreme, die die Geschichte von seinem Bewohner erzählen, der so dick war, dass bei seiner Beerdigung der Sarg gebrochen ist.
Der Willi: Der Willi ist im Sommer sowas wie das Herz Göttingens. Die gute Lage und die Fülle an Studierenden haben wohl schon manchem anliegenden Kioskbesitzer den Urlaub finanziert. Ein Insidertipp ist er zwar nicht gerade, aber dafür so schön, dass er erwähnt werden muss. Übrigens stand am Willi früher ein Franziskaner-Kloster, dessen Mönche ausschließlich barfuß gingen. Daher auch der Name Barfüßerstraße.
Der Käte-Hamburger-Weg: Er ist tatsächlich einer meiner Lieblingsplätze in Göttingen, obwohl er für mich Seminare und Arbeit symbolisiert. Besonders im Herbst ist es wunderschön zwischen den Backsteinhäusern und den bunten Blättern langzugehen. Umso erschreckender wenn man weiß, dass in den Gebäuden der heutigen Philologien in der NS-Zeit Zwangssterilisationen durchgeführt wurden. Dinge, die im Unialltag an einem vorbei gehen.
Göttingens Südstadt: Wer gerne joggen oder spazieren geht, sollte unbedingt aus der Stadt raus Richtung Kiessee und Jahnstadion und dann die Felder entlanglaufen. Gerade in der Abendsonne ist es hier wunderschön und man kann das kleine Göttingen eingebettet in seine Hügel betrachten.
Der neue botanische Garten
Hoch im Norden der Stadt, dort, wo sich normalerweise kein Z-Campus-Studi hin verirrt, befindet sich einer meiner Lieblingsplätze in Göttingen: der neue botanische Garten. Nicht ganz so romantisch eingewuchert wie der alte Garten in der Innenstadt, dafür aber weitläufiger, verlassener und ein bisschen blumiger. Zwischen Gewächshäusern oder im Alpinum findet sich immer eine Bank zum Entspannen. Hier präsentiert sich der Nordcampus von seiner idyllischsten Seite.
Paulinerkirche
Ein imposantes Kirchenschiff, meterhohe Regale gefüllt mit ledergebundenen Büchern und Parkettboden, der bei jedem Schritt ein Knarzen von sich gibt – die Paulinerkirche ist einer der Orte, an denen sich noch die Altehrwürdigkeit unserer Georgia Augusta spüren lässt. Anfang des 14. Jahrhunderts ursprünglich als Klosterkirche erbaut, war die Paulinerkirche und das angrenzende historische Gebäude der SUB bereits bei der Gründung der Universität ein wichtiger Anlaufpunkt für Studenten. Ob zu einer Ausstellung, einem Vortrag oder einer Führung – ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall.
Ostabschnitt der Langen-Geismar-Straße
Vom Stadthalle hinab in Richtung Fußgängerzone, vorbei an der Albanikirche, charmant kleinen Läden und heimeligen Cafés in Fachwerkhäusern: Ich finde die Lange-Geismar-Straße einfach schön. Doch der Ostteil der Straße bietet noch mehr: die beste und kopfsteinpflasterärmste Fahrradabfahrt im Innenstadtbereich. Regelmäßig folgt hier meinem Geschwindigkeitsrausch ein kurzer aber heftiger Adrenalinstoß, ob die Bremsen an der nahenden Kreuzung auch funktionieren werden. Auf dem Rückweg zur Stadthalle zeigt die Lange-Geismar-Straße mir und meinen Drahtesel ohne Gangschaltung ein ganz anderes Gesicht. Dann macht sie die Steigung für kurze Zeit zu meinem gehasstesten Ort in ganz Göttingen.
Ostviertel
Das großbürgerliche Herz Göttingens schlägt im Osten der Stadt. Knapp 17.000 EinwohnerInnen leben im Ostviertel, einem Stadtteil, der von Villen und Grünflächen geprägt ist. Das gefällt auch den Göttinger Studentenverbindungen – viele Häuser sind entsprechend beflaggt. Klar: Man kann von Burschenschaften und Co halten, was man will, doch ein Spaziergang durchs Ostviertel lohnt sich immer. Im Sommer laden die Schillerwiesen zum Grillen ein, auch bis zum Stadtwald ist es nicht weit. Und wer Spaß an Architektur hat, kommt im Ostviertel auf seine Kosten: Die Villen präsentieren sich in ganz unterschiedlichen Baustilen – vom Jugend – bis zum Barockstil ist alles dabei.
Der Wall
Göttingen ist eine gemütliche Stadt. Obwohl knapp 120.000 Menschen hier leben, hat man immer das Gefühl, in einer Kleinstadt zu sein. Die malerische Innenstadt mit ihren liebevoll restaurierten Fachwerkhäusern ist umgeben vom sogenannten Stadtwall. Der erschließt sich einmal um das Zentrum, drei Kilometer umfasst die Tour, die man bequem zu Fuß allein (oder mit seinen Eltern) unternehmen kann. Viele JoggerInnen nutzen den Wall, um ein paar Runden zu drehen. Alte Bäume säumen die Strecke, immer wieder erblickt man die Dächer und Kirchtürme der Stadt – ein Anblick, der sich zu jeder Jahreszeit lohnt.
Der Stadtwald mit dem Bismarckturm
Wer die Region von oben kennen lernen will, sollte sich in den Stadtwald aufmachen. Verschiedene Strecken führen von dort bis zum Bismarckturm, benannt nach dem Alt-Reichskanzler, der in Göttingen studiert hat. Angeblich soll der „Eiserne Kanzler“ dabei so über die Stränge geschlagen haben, dass er der Stadt verwiesen wurde. Doch zurück zur Aussicht: In 31 Metern Höhe bietet sich auf dem Turm ein grandioser Blick über das Leinetal. Umgeben von Natur lässt sich so der stressige Uni-Alltag ganz schnell vergessen. Auch für JoggerInnen ist der Stadtwald eine interessante Alternative zum Trubel auf dem Wall – hier findet man wirkliche Ruhe, um seine Runden im Grünen zu drehen.