Unter Strom – Das Kraftwerk der Uni Göttingen

Ich stehe in einem fabrikähnlichen Hof. Ich strecke interessiert meinen Kopf zum Schornstein, der in Höhe von 78 Metern weißen Rauch ausstößt. Mein Blick bleibt irgendwie daran hängen. Nein, das hier ist nicht irgendein Hof, sondern der des Heizkraftwerks der Uni Göttingen. Von hier aus wird die Uni mit Energie und Wärme versorgt. Das Kraftwerk steht, gut durch den hohen Schornstein zu erkennen, mitten in Weende, also quasi direkt vor meiner Haustür. Grund genug zu erfahren, was sich hinter dahinter verbirgt. Der Leiter des Kraftwerks Christian Gemm führt mich durch die Räumlichkeiten der Versorgungseinrichtung.

Vorsicht – heiß! Der Brenner im Kraftwerk

Zuerst betreten wir den Bürotrakt. Hier bekomme ich einen Helm und Ohrstöpsel in die Hand gedrückt. Und dann geht’s in das Innere des Kraftwerks. Ich hätte nie gedacht, dass Strom produzieren so laut sein kann. Hier stehen Brenner und stockwerkhohe Kessel, die durch Erdgasverbrennung Strom und Wärme produzieren. Und dann wäre da noch, ziemlich ungewöhnlich für ein Kraftwerk, eine Flugzeugturbine zur Stromerzeugung.

Nachhaltigkeit ist für das Kraftwerk heute ein großes Thema. Das war allerdings nicht immer so. Christian Gemm erzählt mir von den Anfängen des Unikraftwerks. Das existiert seit den 60er Jahren und damals wurde, wie es eigentlich in jeder Heizkraftanlage üblich war, mit Schweröl gearbeitet. Deswegen kam es in den 80er Jahren auch zu Demonstrationen von UmweltschützerInnen gegen das Kraftwerk. Die MitarbeiterInnen reagierten schnell und haben sich dazu entschlossen, umweltschonender zu arbeiten. Ab 1987 wurde schließlich auf Erdgas umgestellt und Mitte der 90er die sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung genutzt. „Das war für die damalige Zeit, also vor 20 Jahren, extrem weit voraus gedacht in Sachen Nachhaltigkeit“, sagt Gemm.

Kessel, Rohre, Schrauben und vieles mehr

Das Heizkraftwerk versorgt zahlreiche Standorte der Universität. In dem Büro von Herrn Gemm hängt ein Plan von Göttingen mit bunt markierten Bereichen. Er zeigt auf die verschiedenen Einrichtungen und Institutionen, die an das Strom- und an das sogenannte Fernwärmenetz angeschlossen sind. Zum einen wäre da die Universitätsmedizin, einige Studentenwohnheime und der gesamte Nordcampus. Den nördlichsten Punkt erreicht das Kraftwerk am Tierärztlichen Institut. Dann geht es runter in Richtung Hochschulsport, Waldweg und zum Käte-Hamburger-Weg. Der Zentralcampus und der Alte Botanische Garten sind nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen, beziehen aber den Strom vom Kraftwerk. Das fährt aktuell mit einer Stromnetzlänge von 36 km auf. „Der Energieverbrauch entspricht dem Verbrauch einer kleinen Stadt, wie etwa Hann. Münden“, erklärt Christian Gemm.


 Der Weg zum Strom: Hier findet ihr das Unikraftwerk

Das Kraftwerk ist aber nicht nur durch das Fernwärmenetz mit den Einrichtungen der Uni verbunden, sondern auch in einem Projektverbund. Gemeinsam mit dem Geowissenschaftlichen Zentrum arbeitet das Göttinger Heizkraftwerk an einem Geothermie-Projekt. Dabei wird tief in die Erde gebohrt um Wärme aus dem Erdinneren zu ziehen und es für das Fernwärmenetz zu nutzen. Gemm zeigt sich zuversichtlich: „Wir denken, dass das ein guter Weg ist um auf generative Energien umzusteigen.“

Kein Dampf bei heißen Außentemperaturen, aber trotzem gut zu sehen: Der 78-Meter-Schornstein

Genau wie unter der Erde, ist es auch im Kraftwerk relativ dunkel. Die einzige Lichtquelle sind die Lampen an der Decke. Fenster gibt es keine. Deswegen bin ich auch froh, wieder im Tageslicht zu stehen. Ich verabschiede mich vom Kraftwerksleiter Gemm und hinter mir schließt sich das Tor. Ich mache mich auf den Heimweg und schaue mir noch einmal den Schornstein an. Er dampft weiter gemütlich vor sich hin. Alles funktioniert also. Gut so.

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Swantje Hennings, 25, studiert im Master Komparatistik, vorher BA in Deutsch und Geschichte. In Göttingen oft für das Campusradio GöHört unterwegs und jetzt auch als Bluggerin auf Achse.

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